Sie sind nun nicht mehr einfach nur angestellt in Ihrem Unternehmen, sondern gehören zum Kreis der Führungskräfte. Selbst wenn sich Ihr Unternehmen flache Hierarchien verordnet hat und der Umgang über Hierarchie-Grenzen sehr locker ist: Es macht einen Unterschied in der Rollen-Erwartung, ob Sie zu „den Chefs“ gehören oder einfach Mitarbeiter sind. Mit der Rolle einer Führungskraft sind unterschiedliche Erwartungen verknüpft. Sie selbst haben ja an Ihre Führungskraft auch eine gewisse Erwartungshaltung, was er/sie tun sollte und was besser nicht. Mit derselben Erwartung schauen auch Ihre Mitarbeiter auf Sie. Reflektieren Sie das mal für sich selbst, was Sie von Ihrem Chef erwarten und was Sie davon ebenfalls in Ihrer Rolle als Führungskraft umsetzen wollen. Was hielten Sie in der Vergangenheit für ein gutes Führungsverhalten und was nicht? Was hat Ihnen an Ihren bisherigen Führungskräften gefallen und was nicht? Was sollte Ihre Führungskraft auf jeden Fall tun, und was sind No-Gos für ihr Verhalten? Wenn Sie hierauf Antworten gefunden haben, bekommen Sie in etwa ein Gefühl, welche Aufgabe vor Ihnen selbst als Chef steht.
Sie kennen sicherlich die lange Liste an verschiedenen theoretischen Modellen von Führungsstilen – autoritär, Laisser-faire usw. –, aber entscheidend ist, dass Sie sich mit Situationen auseinandersetzen, in denen Sie durch Ihr Verhalten und Ihre Entscheidungen handeln und wirken. Sind Sie eher der Kumpel-Typ, zu dem die Mitarbeiter immer kommen können und der sich alle Sorgen anhört? Oder haben Sie eher das Verständnis, dass der Chef immer das letzte Wort hat und sich alle daran zu halten haben? Es gibt kein Patentrezept, das Sie einfach beachten müssen und – zack! – sind Sie ein super Chef. Finden Sie für sich heraus, was für ein Chef Sie sein wollen. Das wird nicht immer auf Anhieb gelingen, aber der erste wichtige Schritt ist, sich bewusst zu machen, wie man eigentlich selbst als Chef sein will – und wie nicht! Junge Führungskräfte setzen sich oftmals unter großen Druck, da sie selbst an sich als Chef einen hohen Anspruch haben. Im Führungsalltag weicht dieser Anspruch dann hier und da von der Realität ab. Besonders unter Stress kann es sein, dass man sich selbst erschrickt, wie man sich verhalten hat und wie das auf das Umfeld wirkt. Deshalb sollten Sie Ihr Verhalten kontinuierlich reflektieren und sich selbst eine Lernphase zugestehen. (Spoiler: Diese Lernphase endet nie.)
In dem Spannungsfeld von eigenen Erwartungen an sich selbst, den Mitarbeiterwünschen und dem wachsamen Blick von Führungskollegen und der eigenen Führungskraft kann man schon mal verzweifeln und muss einen gehören Druck aushalten. Viele dieser Variablen können Sie nur eingeschränkt beeinflussen: Die Wünsche und Erwartungen von Chef, Kollegen und Mitarbeitern sind erstmal da, und Sie müssen darauf in irgendeiner Form reagieren. Ob diese immer berechtigt sind, ob die Ausprägung und die Art, wie diese Erwartungen geäußert werden, angemessen sind, liegt nicht in Ihrer Macht. Sie können nur darauf reagieren.
Was Sie allerdings schon aktiv steuern können, sind Sie selbst. Ihre eigenen Erwartungen an sich selbst, an ein gutes Miteinander in der Arbeit, Ihren Umgang mit Fehlern, Ihren Umgang mit Widerständen. Den Umgang mit dem Druck, den Sie von außen spüren und unter den Sie sich setzen lassen – oder auch nicht. Auch das gelingt nicht von Anfang an und muss, wie Schwimmen und Fahrradfahren, gelernt werden. Allerdings liegt es in Ihrem Interesse, dass Sie körperlich und mental gesund bleiben. Das ist Ihre Aufgabe, denn außer Ihnen selbst wird sich niemand darum kümmern. Also nehmen Sie das ernst, denn egal, wie stressig es um Sie herum ist und wie hoch der Druck in der Arbeit ist: All diese Faktoren können Sie nicht steuern. Den Umgang damit schon.